Wer früher Fan der Serie „Twilight Zone“ war, einer TV-Serie, deren Geschichten den Zuschauer an die Grenze von Wahrheit und Fiktion führten, dürfte auch viel Spaß am neuesten Werk des „Meister des Grauens“, Stephen King, haben. „LOVE“ versprach bereits bei seiner Ankündigung dem Leser wieder eine unerklärliche, mysteriöse Story mit viel Spannung und schlaflosen, durchlesenen Nächten und Stephen King Fans werden nicht enttäuscht.
Lisey Landon, Ehefrau des verstorbenen, berühmten Schriftsteller Scott Landon, versucht zwei Jahre nach seinem plötzlichen Tod seinen Nachlass in Form von etlichen Kisten mit Schriftstücken und anderen Erinnerungen zu sortieren, um endlich mit der Vergangenheit abzuschließen und ein neues Leben zu beginnen. Während ihrer Arbeit suchen sie immer wieder Erinnerungen über ihr Leben mit Scott heim, viele Dinge, die sie mit ihm erlebt hat, sind ihr, im Nachhinein betrachtet, unerklärlich und mysteriös. Scott verfügte unter anderem über eine Art Selbstheilung, so dass Wunden, sogar Schusswunden erstaunlich schnell heilten. Ebenso hatte er die Fähigkeit sich in bestimmten Situationen nahezu urplötzlich zu verschwinden und genauso schnell wieder aufzutauchen. Lisey reflektiert über verschiedene Begebenheiten ihrer Vergangenheit mit dem Bewusstsein, dass sie für den Rest der Welt immer nur die Frau an Scott Landon`s Seite war und sie selten von anderen Menschen wahrgenommen wurde.
Eines Tages erhält Lisey einen Drohanruf, der sie dazu bringen soll Scott`s Nachlass freiwillig einer Universität zu überlassen, oder, falls nötig, mit Gewalt dazu gebracht zu werden. Ab diesem Zeitpunkt spukt ihr Scott`s Stimme immer wieder im Kopf herum, die ihr verschiedene Aufgaben und Hinweise, über den Täter und ihre weitere Vorgehensweise gibt. Ab diesem Zeitpunkt wird sie die Hauptperson in ihrem eigenen Drama und Scott erscheint ihr wie der Regisseur in diesem Stück.
Nach und nach führen Scott's „Hinterlassenschaften“ Lisey auf ihrem gefährlichen Weg, den Drohanrufer, der sich ihr schon bald in Form eines brutalen Psychopathen nähert, zu überlisten. Auch ihre katatonisch veranlagte Schwester Amanda, wurde offenbar von Scott ausgewählt um Lisey bei der Beseitigung des mordlustigen Psychopathen zu helfen. Eine Art Zwischenwelt, die Scott in seiner Kindheit sehr oft hilfreich war, Gefahren zu umgehen, wird jetzt für Lisey zur Zuflucht und gleichzeitig zur tödlichen Bedrohung. Wenn Lisey die Siegerin des Duells werden will, muss sie in dieser Welt rechtzeitig erkennen, zu welchem Zeitpunkt eine vermeintliche Hilfestellung zur Gefahr wird und ihr bleibt nicht mehr viel Zeit. Scott`s Brotkrumen sind zwar gestreut, aber das Böse in Form ihres gewalttätigen Anrufers ist ihr schon sehr dicht auf den Fersen, ebenso wie Scott`s „Long Boy“, ein unheimliches Wesen aus der Zwischenwelt, dass nur auf eine Fehlentscheidung von Lisey wartet, um sie zu töten. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, der Preis ist die Entscheidung über Tod oder Leben.
Stephen King's neuester Roman „LOVE“ ist ein perfides Spiel zwischen Sein und Schein, bei dem jedoch, was ziemlich ungewöhnlich für einen Stephen King Roman ist, die intensive Liebe zwischen Lisey und Scott der rote Faden ist, der sich durch die gesamte Geschichte zieht und man unweigerlich an einen Satz denken muss: Liebe ist stärker als der Tod.
"LOVE", Stephen King; 700 Seiten; Heyne Verlag; 22,95 Euro.