Die Bücher von John le Carré sind seit Jahrzehnten Bestseller, und das weltweit. Der ehemalige britische Spion beschreibt in seinen Romanen sehr detailreich die verdeckte Arbeit der Geheimdienste, zunächst vornehmlich aus der Zeit des Kalten Krieges. Inzwischen behandeln seine Thrillern immer häufiger die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Politik und die besondere Rolle der Informationsgewinnung. In der neuesten Buch-Verfilmung, "A Most Wanted Man", ist Philip Seymour Hoffman in einer seiner letzten Rollen zu sehen.
Im Hamburger Hafen kommt der Tschetschene Issa Karpov an. Er reist illegal ein und gerät unmittelbar ins Visier einer geheimen Anti-Terroreinheit, die von Günther Bachmann geführt wird, von denen selbst Bundestagsabgeordnete und Vertreter des Bundesinnenministeriums nichts wissen. Karpov sucht als gläubiger Muslim die islamische Gemeinde in Hamburg auf, und wird bei einer Familie versteckt. Die vermittelt ihm Kontakt zur idealistischen Menschenrechtsanwältin Annabel Richter, die aufgrund der Folter, die Karpov in verschiedenen Gefängnissen widerfahren ist, ein Bleiberecht in Deutschland erwirken will. Karpov will in erster Linie Kontakt zu einem Privat-Banker namens Thomas Brue aufnehmen, um an das illegal erworbene Vermögen seines verstorbenen Vaters zu kommen. Bachmanns Anti-Terroreinheit wittert eine versteckte Finanzierung extremistischer Fanatiker durch Karpov, um neue Anschläge gegen die westliche Welt vorzubereiten. Doch plötzlich interessiert sich auch die CIA für den illegalen Flüchtling. Die ganze Situation wird immer undurchsichtiger, und plötzlich scheint Karpov der meistgesuchte Mann der Welt zu sein.
Der Film "A Most Wanted Man", der auf dem 2008 erschienenen Roman "Marionetten" basiert, liegt auf DVD in der deutschen und englischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. An Extras bietet die Scheibe ein Making Of und das Special "Spy Master - John le Carré in Hamburg".
Die deutsch-britische Co-Produktion "A Most Wanted Man" ist mit seiner verworrenen Geschichte um die teilweise paranoide Jagd nach extremistischer Terroristen höchst aktuell. Der Streifen ist mit Hollywood-Größen wie Philip Seymour Hoffman, Robin Wright, Willem Dafoe und Rachel McAdams höchst prominent bis in die Nebenrollen besetzt, und auch von deutscher Seite gibt sich die erste Riege der jungen Schauspielergarde ein Stelldichein, wenn Nina Hoss, Daniel Brühl oder Kostja Ullmann das grandiose Spiel der Amerikaner unterstützt. Daneben überrascht es, den Musiker und Schauspieler Herbert Grönemeyer in einer kleinen Rolle zu sehen, der darüber hinaus auch den Soundtrack zu diesem Thriller liefert.
John le Carré nimmt sich in seinen Büchern viel Zeit, um Sachverhalte zu erklären, und ebenso vorsichtig wurde "A Most Wanted Man" erzählerisch im Film umgesetzt. Fernab von Explosionen und actiongeladenen Verfolgungsjagden wird eine verworrene Geschichte erzählt, die trotz aller Spannung stellenweise wichtige Informationen für den Zuschauer vermissen lässt. Es ist nur schwer zu erahnen und wird auch im Verlauf des Films nicht klarer, wer die handelnden Personen sind, für wen die geheime Anti-Terroreinheit überhaupt arbeitet, wer die Männer in dunklen Anzügen und fetten Limousinen sind, und wie, wenn überhaupt, die CIA in dieser Geschichte beteiligt ist. Etwas mehr Erklärung hätte dem Film gut getan, und der Zuschauer, der das Buch nicht kennt, hätte besser in die Geschichte eintauchen können.
Trotz allem ist "A Most Wanted Man" spannende Unterhaltung mit einer top-aktuellen und intelligenten Geschichte, einer großartigen Besetzung, die am international viel zu wenig beachteten Drehort Hamburg spielt. Thriller-Fans werden an diesem Film nicht vorbei kommen und ihre Freude haben, und wer die Geschichten von John le Carré noch nicht kennt, sollte diesem Streifen auf jeden Fall eine Chance geben.
GB/D 2014, 117 Minuten
mit Philip Seymour Hoffman, Rachel McAdams, Robin Wright, Willem Dafoe