Krimi-Serien aus Großbritannien sind wegen ihrer hohen Qualität weltweit sehr begehrt. Geht es dazu noch um eine packende Geschichte, die mit herausragenden Darstellern verfilmt wurde, ist der Erfolg fast schon sicher. Ein beeindruckendes Stück Krimi-Geschichte wird mit "Die Schlange" erzählt, das nun auf DVD vorliegt.
In den 1970er Jahren war der Hippie Trail legendär und oft durch die meist bewußtseinserweiterten Blumenkinder gerne bereist. Mehr als zehn Jahre war die Route entlang der alten Seidenstraße für viele sinnsuchende junge Menschen ein wahres Paradies, denn hier ging es vor allem um Freiheit und Austausch mit anderen Kulturen.
Nicht nur der schier unbegrenzte, einfache Zugang zu halluzinogenen Drogen machten das Reisen für die zumeist jungen Rucksacktouristen auf dem Hippie Trail zunehmend gefährlich. Mitte der 1970er-Jahre kommt es vermehrt zu mysteriösen Todesfällen in der Region: Frauen werden tot angeschwemmt, verbrannte Leichen aufgefunden, und darüber hinaus sind zahlreiche Reisende einfach wie vom Erdboden verschwunden. Zunächst bleiben die Behörden der Länder entlang des Hippie Trails erstaunlich untätig, denn ungeklärte Todesfälle werden oft ignoriert oder auf allzu exzessiven Drogen- und Alkoholkonsum zurückgeführt und sind überdies dem Tourismus gar nicht zuträglich. Erst Monate später kommt heraus, dass es sich nicht um Unfälle handelt, sondern um eine grauenvolle Mordserie.
Die acht Folgen liegen auf drei DVDs in der deutschen und englischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. Extras gibt es keine.
Das fesselnde, von Kritikern und Zuschauern hochgelobte TV-Drama "Die Schlange", die bereits 2021 erst in der BBC und danach international auf Netflix zu sehen war, beruht auf den Begebenheiten jener Zeit und handelt von den unglaublichen Verbrechen des französischen Hochstaplers, Entführers und Serienmörders, dem 1944 in Saigon als Sohn einer vietnamesischen Mutter und eines indischen Vaters geborenen Charles Sobhraj und seinen willfährigen Helfershelfern.
Die auf unterschiedlichen Zeitebenen und aus der Sicht verschiedener Protagonisten erzählte Geschichte beginnt 1975 in Südostasien. Der Modus Operandi des manipulativen Sobhraj ist schnell klar: Er freundet sich mit arglosen Hippies an, lädt sie zum Essen oder auf einen Drink ein, verabreicht ihnen Drogen, raubt sie aus und ermordet sie nach Gutdünken. Für den scheinbaren Wohltäter sind diese Menschen lediglich Mittel zum Zweck, um sich andere Identitäten mit Hilfe ihrer Reisepässe zu verschaffen. An Sobhrajs Seite: seine ihm treu ergebene Geliebte und Komplizin, die bildhübsche Franko-Kanadierin Marie-Andrée Leclerc, genannt Monique, und der ebenfalls stets loyale Ajay Chowdhury, Sobhrajs zuverlässiger Handlanger, der für ihn Opfer anlockt und die verbrecherische Drecksarbeit erledigt.
Ihre explosive Dramatik verdankt die Serie den wahnwitzigen Kontrahenten: dem eiskalten Manipulator Sobhraj und dem hitzköpfigen Niederländer Kippenberg, der gegen eine Mauer aus Ignoranz und Gleichgültigkeit anrennt.
Die Serie ist ein optischer Hochgenuss; ob die Geschichte nun in Thailand, Kathmandu, Hongkong, Delhi oder Paris spielt, das Bildmaterial und die zeitgerechte Ausstattung versetzen die Zuschauer direkt in die 70er-Jahre. Die Regisseure Hans Herbots und Tom Shankland sowie die Autoren Richard Wardlow und Toby Finlay vermieden es, Sobhraj zu glorifizieren, jedoch ist es ihnen famos gelungen, aufzuzeigen, wie er seine dunkle Magie nicht nur auf seine bedauernswerten Opfer ausüben konnte, sondern auch auf Monique, die ihn weiterhin liebt, obwohl sie weiß, dass er sie in die Abgründe der Hölle führt.
Beeindruckend ist neben Ausstattung und Settings aber vor allem der großartige Cast von "Die Schlange". Die Rollen des empathielosen Verbrecherpaars Sobhraj und Leclerc werden glaubhaft verkörpert vom brillanten, mehrfach ausgezeichneten französischen Schauspieler Tahir Rahim und der 36-jährigen Engländerin Jenna Coleman. Aber auch die restliche Darstellerriege weiß rundum zu überzeugen, allen voran Billy Howle und Ellie Bamber als niederländisch/deutsches Ehepaar Knippenberg, Mathilde Warnier als couragierte französische Nachbarin im Kanit House, Amesh Edireweera als psychopathischer Scherge Ajay Chowdhury und last but not least Charaktermime Tim McInnerny in der Rolle des ambivalenten Belgiers Paul Siemons.
Seit Dezember 2022 ist Sobhraj wieder auf freiem Fuß. Ein Gericht veranlasste aus gesundheitlichen Gründen seine vorzeitige Haftentlassung nach einem langjährigen Gefängnisaufenthalt in Nepal. Nun ist der 78-Jährige zurück in seiner französischen Heimat – und beteuert nach wie vor seine Unschuld. So äußerte sich Sobhraj gegenüber dem britischen Guardian: „Ich fühle mich großartig. Mein Buch und eine Dokumentation erscheinen bald…“.
Trotz jahrelanger Untersuchungen weiß man bis heute nicht genau, wie viele Menschen Sobhraj zum Opfer gefallen sind.
Die itv-Serie "Die Schlange" reißt seine Zuschauer von der ersten Folge an in die Geschichte hinein und lässt sie erst wieder nach der achten Folge los, auch wenn sie danach noch eine ganze Weile nachhallt. Ganz sicher ist "Die Schlange" ein besonderes Krimi-Juwel, das sich vor allem True Crime-Fans nicht entgehen lassen sollten, denn hier gibt es feinste Unterhaltung auf höchstem Niveau!
GB 2021, 456 Minuten
mit Tahar Rahim, Jenna Coleman