2020 war in jeder Hinsicht ein besonderes Jahr, in dem die Pandemie unser Leben bestimmt hat. Kinos wurden geschlossen, Restaurants und Diskotheken auch, Großveranstaltungen sowieso. Selbst die Fußball-Europameisterschaft wurde um ein Jahr verschoben. Unter diesen Bedingungen war an ein Filmfest München nicht zu denken, für eine alternative Durchführung fehlte schlichtweg die Zeit, dazu war die Gefährdung im Hinblick auf eine Ansteckung mit Covid zu groß. Um das abgesagte Filmfest zumindest ein bisschen aufzufangen und doch noch etwas Filmfest-Flair in München zu verbreiten, gab es das Pop-Up Filmfest in diversen Autokinos.
Doch 2021 sollte alles anders, vor allem besser werden. Die Welt hat gehofft, dass mit dem Jahr 2020 auch die Pandemie zu Ende gehen würde. Die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Noch immer hält uns das Virus in verschiedenen Varianten in Atem, weiterhin beherrschen Hygienerichtlinien mit FFP2- und OP-Masken und Einhalten von Abständen unser Leben. Doch sollte es zumindest einen kleinen Lichtblick für den Sommer geben, und so wurde die Durchführung des Filmfest München 2021 angekündigt. Die Freude in der Filmwelt war groß, auch wenn noch niemand so genau wusste, wie es am Ende aussehen würde. Dürften die Kinos wieder öffnen, vielleicht mit verminderter Besucherzahl? Sind Freilichtveranstaltungen eine Alternative, aber wie sieht es tagsüber aus? Macht das Wetter mit? Können wir den Termin im Sommer halten?
Kurz gesagt: Die Kinos durften seit 01.07.2021, also pünktlich zum Beginn des Filmfests, wieder öffnen, Open Air-Kino kann eine Alternative sein, das Wetter hat nicht so recht mitmachen wollen, und der Festival-Termin musste nur um eine Woche nach hinten verschoben werden.
Schnell war bei den Planungen klar, dass die sonst üblichen über 200 Filme nicht gezeigt werden könnten, denn Filme im Open Air-Kino lassen sich eben erst im Dunkeln zeigen. Die Möglichkeiten, Filme in den Kinos zu zeigen, waren eher übersichtlich, aber immerhin konnten die Pressevorführungen wie gewohnt im City-Kino stattfinden. Die anderen Kinos, wie der Gloria Palast, das Kino am Sendlinger Tor, die Astor Filmlounge im ARRI oder das Rio waren für wenige zahlende Gäste frei. Über die gesamte Innenstadt verteilt wurden acht Open Air-Locations geschaffen, dazu liefen Filme in sieben Kinos. Die Veranstaltungsreihe "Kostenlos und draußen" gab es in diesem Jahr nicht, Open Air-Kino musste bezahlt werden.
Dieses Mal war es nicht so einfach, an Tickets für die Vorstellungen zu kommen, da pandemiebedingt kaum Ticket- Kassen vorhanden waren. Statt dessen wurden die Eintrittskarten online verkauft, entweder zum Ausdrucken oder zum Download.
So wurde mit 70 Filmen geplant, die in 130 Vorstellungen am Nachmittag oder am Abend als Welt- oder Deutschlandpremieren gezeigt wurden. Eröffnet wurde das Filmfest mit dem "bayerischen James Bond", nämlich mit der neuesten Verfilmung der Eberhofer-Krimis von Rita Falk, "Kaiserschmarrndrama", und zwar an sechs Locations gleichzeitig.
Prominenz war auch angereist, aber nicht so umfangreich wie sonst, und so wurde selbst für eine Preisverleihung an die US-Schauspielerin Robin Wright eine Videoübertragung bemüht. Doch auch mit weniger Filmen und weniger Prominenz hat das Filmfest München alles versucht, als eines der ersten Festivals überhaupt zu leuchten. Autogrammjäger und Fans kamen in diesem Jahr nicht auf ihre Kosten, da die Begegnung mit den Stars kaum stattfinden konnte.
In diesem Jahr konnte nicht auf Filme zurückgegriffen werden, die bei den Filmfestspielen in Cannes gelaufen sind, da das Festival an der Côte d'Azur erst nach München stattfand. Dennoch hat das Team um Filmfest-Chefin Diana Iljine eine bemerkenswerte Auswahl an Filmen aus der ganzen Welt zusammengetragen, um sie den über 25.000 Besucherinnen und Besuchern in München zu präsentieren. Doch das Wetter hätte in der Filmfest-Woche besser mitspielen können, denn bei allen Gewittern und Starkregen-Güssen konnten einige Vorstellungen gar nicht stattfinden, andere mussten mittendrin abgebrochen und die Locations evakuiert werden.
Auffällig bei den Geschichten, die in den Filmen erzählt wurden, war, dass sich der Trend der Vorjahre, als in jedem Film gesoffen und geraucht wurde, als gäbe es kein Morgen, nicht fortgesetzt hat. Dafür wurde darauf geachtet, dass in den meisten Filmen die Diversität der Protagonisten besonders hervorgehoben wurde. So gab es kaum einen Film, in dem nicht ein homosexuelles Paar mit und ohne Kindern, Transvestiten oder Trans-Menschen einen nicht unerheblichen Anteil an den Geschichten hatte. Historische Stoffe waren häufig am Start und auch das erwachsene Publikum wurde ausnahmsweise mit einem Animationsfilm bedacht. Einsamkeit, Liebe, die sich immer schneller verändernde Welt, Lügen, Gewalt, Rassismus und Internationalität waren die beherrschenden Themen in der feinen Auswahl an Filmen.
Preise wurden verliehen an die Filme "Die Verschwundene" (ARRI/Osram Preis, bester internationaler Film), "La Nuit Des Rois" (CineVision Award, bester internationaler Nachwuchsfilm), "Monday um zehn" (FIPRESCI-Preis, Neues Deutsches Kino) sowie "Trans - I Got Life" (Bayern 2 und SZ Publikumspreis). Den Bernd Burgemeister Fernsehpreis erhielt das Historiendrama "3 1/2 Stunden". Den Margot Hielscher Preis erhielt die Schauspielerin Franka Potente für ihre erste Regiearbeit, Ehrenpreise gab es für die Schauspielerinnen Senta Berger, Robin Wright sowie für die polnische Regisseurin Małgorzata Szumowska.
Am Rande des Filmfests gab es noch eine besondere Ehrung: Festivalleiterin Diana Iljine erhielt vom französischen Generalkonsul Pierre Lanapats im Namen der französischen Kulturministerin Roselyne Bachelot für ihr langjähriges Engagement für die Förderung des französischen Kinos in Deutschland den Orden Chevaliers des Arts et Lettres feierlich überreicht.
Bleibt zu hoffen, dass es bei diesem Ausnahme-Filmfest bleibt, und im kommenden Jahr wieder unter normalen Bedingungen der Film in München mit reichlich Filmen, Prominenten und schönen Begegnungen gefeiert werden kann.