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Hindafing

Wenn man an Amigo-Affären, Vetternwirtschaft oder Polit-Filz denkt, kommt man gerne mal auf bayerische Landes- oder Lokalpolitik, zumindest wird es immer wieder gerne so dargestellt. Nun spielt das Bayerische Fernsehen mit diesem Klisché und bedient all diese Vorurteile in bester und sehr unterhaltsamer Weise mit dem Sechsteiler "Hindafing".

Alfons Zischl ist Bürgermeister der Gemeinde Hindafing, wie es zuvor sein Vater auch schon war. Doch mit seinem erfolgreichen Vater ist er in keinem Fall zu vergleichen. Zischl ist hoch verschuldet und setzt politisch immer wieder auf die falschen Projekte, sei es ein Windpark oder ein Einkaufszentrum. In seiner Not wendet er sich immer wieder an den schmierigen, umtriebigen und zwielichtigen Landrat, der ihm neue Flausen in den Kopf setzt. Statt das Einkaufszentrum fertig zu stellen, in dem fast ausschließlich Metzger Goldhammer einziehen und seine Produkte verkaufen möchte, sollen dort nun auf Geheiß des Landrats 50 Flüchtlinge einziehen. Sein außerehelicher Fehltritt mit der schönen Jackie kommt ebenso auf wie auch seine Drogensucht, dazu verliert er noch einen halben Finger. Alfons' Ehefrau geht von der Selbstverwirklichung direkt zum Fremdgehen, und auch die Eheleute Goldhammer, wie auch viele andere Bewohner von Hindafing, hüten ihre Geheimnisse, privat wie beruflich. Wäre da nicht der türkischstämmige Polizist, der von München aufs Land versetzt wurde, und da jetzt die ganz große Verschwörung ahnt, und deswegen vor allem gegen Bürgermeister Zischl ermittelt.

Die Serie liegt auf 2 DVDs in der deutschen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. Extras gibt es keine.

"Hindafing - Staffel 1" lässt kaum ein aktuelles politisches oder gesellschaftliches Thema aus, das Deutschland in letzter Zeit beschäftigt hat, und verpackt das alles sehr unterhaltsam und mit pointiertem Witz. Da geht es unter anderem um Bestechung, Drogenmissbrauch, Flüchtlinge, Inzest, Bio-Produkte, Brandstiftung, illegale Beschäftigung, Entführung, eheliche Treue, Kunst, Wahlkampf, Homosexualität, Pflegeheime und alternative Energien.

Sieht man sich die Besetzung an, trifft man auf die bekannten bayerischen Darsteller, die in fast jeder Film- oder Fernsehproduktion aus dem Südstaat vorkommen. An der Seite von "Bürgermeister" Maximilian Brückner spielen Andreas Giebel, Johanna Bittenbinder, Petra Berndt, Heinz-Josef Braun, Kathrin von Steinburg, Michael Kranz, Jockel Tschiersch, Ercan Karacayli und Bettina Mittendorfer als Bewohner von Hindafing mit, die herrlich mit ihren Klischés spielen und richtig in ihren Rollen aufgehen.

Entstanden ist das Projekt "Hindafing" aus einer Ausschreibung des Bayerischen Rundfunks in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Film und Fernsehen. Erstmals waren bereits vor der Erstausstrahlung der Serie im Bayerischen Fernsehen alle sechs Folgen in der Mediathek verfügbar.
Wieso diese grandiose Serie im Dritten Programm versteckt wurde, erschließt sich nicht, damit hätte man sich schon eine Platzierung im Ersten zutrauen dürfen.

Das ambitionierte Projekt des Bayerischen Rundfunks ist aufgegangen, und begeistert gleichermaßen Zuschauer und Kritik. Gerne wird "Hindafing" als das bayerische Fargo bezeichnet, wenn mitunter auch zu viele Themen auf einmal behandelt werden.
Die Filmmusik kann durchaus nerven, weil sie selten melodisch daher kommt, was wiederum das Durcheinander in Bürgermeister Zischls Leben unterstreicht.

"Hindafing -Staffel 1" ist so, wie sich mancher das Leben in einem bayerischen Dorf vorstellen mag. Kenner des Freistaats werden sich in vielen Situationen ertappt oder bestätigt fühlen, alle anderen sehen in dieser bayerischen Serie, die im Münchner Umland gedreht wurde, sämtliche Klischés bestätigt.
Freuen wir uns schon jetzt auf eine Fortsetzung und neue Geschichten aus "Hindafing"!

Pascal May
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