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Love & Friendship

Je unruhiger und unsicherer die Zeiten, umso mehr sehnen sich die Menschen nach Ruhe und Struktur. Selbst im Kino und im Fernsehen ist dieses Phänomen zu beobachten. Wie sonst ist der weltweite Erfolg der britischen TV-Serie "Downton Abbey" zu erklären? Auch die Werke von Jane Austen, der britischen Schriftstellerin aus dem späten 18. Jahrhundert, erleben eine regelrechte Renaissance in diesen unsteten Zeiten. So ist es nicht verwunderlich, wenn nun auch ihre weniger berühmten Werke verfilmt werden und deren Besetzung hochkarätige Schauspieler aufweisen kann. Neuestes Beispiel aus dieser Reihe ist "Love & Friendship", der auf dem Briefroman "Lady Susan" basiert.

Die schöne Witwe Lady Susan Vernon besucht das Anwesen "Churchill" ihrer Schwägerin Catherine und deren Mann, um dort die in der gehobenen Gesellschaft kursierenden Gerüchte über ihre Affären auszusitzen. Reginald, Catherines gutaussehender Bruder, ist auch zugegen. Lady Susans Tochter Frederica hingegen weilt mehr schlecht als recht an einer Privatschule, von der sie zu fliegen droht. Lady Susan hat es auf eine Heirat mit dem jungen Reginald abgesehen, was dessen Familie unbedingt verhindern möchte, und auch ihre Tochter möchte sie gerne versorgt und unter der Haube wissen. Plötzlich interessieren sich gleich drei Männer für Lady Susan, darunter der einfältige und sehr geschwätzige Sir James Martin, der es eigentlich auf Frederica abgesehen hatte, was die ganze Sache nicht wirklich einfacher macht. Und das ist erst der Anfang einer sehr abwechslungsreichen Zeit auf "Churchill".

Der Film liegt auf DVD in der deutschen und englischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. An Bonus-Material findet sich auf der Silberscheibe neben Trailer und Bildergalerie das Special "Hinter den Kulissen". Dazu gibt es ein Booklet.

Während andere Werke von Jane Austen bereits mehrfach verfilmt und ausgezeichnet wurden, liegt mit "Love & Friendship" nun erstmals die Verfilmung ihres Briefromans "Lady Susan" vor. Wieso dem Film kein deutscher Titel spendiert wurde, wie es bei anderen Austen-Verfilmungen üblich ist, erschließt sich nicht.
Für den richtigen Klang sorgt ein ausgesuchter Cast großartiger Schauspieler mit großen Namen, allen voran Kate Beckinsale, die die Lady Susan mit großer Hingabe verkörpert. Weiter gehören zur Besetzung die für den Oscar nominierte US-Schauspielerin Chloe Sevigny, James Fleet, Jemma Redgrave und Stephen Fry.

Pointiert, schnell und britisch trocken werden dem Zuschauer die Dialoge nur so um die Ohren gehauen, dass es eine wahre Freude ist und ganz in der großen Tradition der Austen-Verfilmungen steht. So gesehen hat Regisseur Whit Stillman, der auch gleich das Drehbuch selbst verfasst hat, alles richtig gemacht. Zumindest hat "Love & Friendship" insgesamt sieben Nominierungen bei den London Critics' Circle Film Awards erhalten. Doch auch wenn manche Kritiker diesen Streifen als beste Austen-Verfilmung überhaupt ansehen, so hat er seine Längen, wirkt mitunter sehr gewollt und unübersichtlich, dass man als unbedarfter Zuschauer schnell zu viel von den vielen Dialogen bekommt, die es zu ertragen gilt. Und genau das ist das größte Problems des Films: Außer dem Umrühren einer Tasse Tee oder dem Vorlesen eines Briefes passiert hier nicht viel, es werden eigentlich nur Dialoge rezitiert und dabei darf man den Schauspielern zusehen. Hinzu kommt, dass die deutsche Übersetzung mitunter sehr gestelzt daher kommt.

Die handelnden Figuren werden zu Beginn der Szenen-Abschnitte im Bild vorgestellt, doch benötigt man zähes Durchhaltevermögen, um all die Informationen, die auf einen einschlagen, zu sortieren.

Für Fans der Bücher von Jane Austen und derer Verfilmungen mag dieser Film gewiss ein echter Genuss sein, alle anderen seien zur Vorsicht aufgerufen, denn dies ist gewiss die falsche Wahl, wenn es darum geht, es sich mit Chips und Popcorn auf dem heimischen Sofa gemütlich zu machen, um sich einen netten Filmabend zu gönnen.

Pascal May
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