Was für ein großer Tag für Kommissar Kluftinger! Er leitet eine Anti-Terror-Übung namens „Alpenglühen“ am Ofterschwanger Horn. Das ist wahrlich nicht sein Spezial- wie auch Sachgebiet, da er aber zur Zeit den Chef als Interims- Polizeipräsidenten vertritt, ist er maßgeblich verantwortlich für diese Übung, an der sich auch die Bundeswehr und das THW beteiligen. Also kein leichter Einsatz für den sonstigen Leiter der Kriminalpolizei in Kempten. Als plötzlich zudem nicht geplante Schüsse fallen, gerät die so aufwendige Übung völlig aus dem Ruder. Ein Polizist kommt dabei ums Leben. Aber was ist genau passiert?
Auf dem Weg zurück plagen Kuftinger dunkle Gedanken. Ist er etwa Schuld an dem Tod des Kollegen? Hat er die Übung vielleicht nicht gut genug vorbereitet?
Eigentlich kann er gerade überhaupt nicht derartiges und vor allem keine schlechten Schlagzeilen gebrauchen, denn er kandidiert ja für den Gemeinderat in Altusried. Zunächst ist er nur sogenannter Lückenbüßer, um die Liste zu füllen. Aber als er dann erfährt, dass sein Intimfeind Dr. Langhammer als Gegenkandidat antritt, weckt dies seinen Ehrgeiz, erst recht gegen diesen als Wahlkontrahenten anzutreten! Doch dieser wählt in diesem Wahlduell ganz spezielle Methoden, um für sich Stimmen für den Einzug in den Gemeinderat zu gewinnen, die auch auf dieser Ebene zur Entgleisung des Ganzen führt. Aber da ist ja noch nebenbei der Tod des Polizisten zu klären, und es wird Kluftinger schnell klar, dass mehr hinter dem Todesfall in den Bergen steckt, als nur ein furchtbares Unglück. Er muss schnellstens herausfinden, was alles dahinter steckt, denn der tote Kollege war Bodygard eines bekannten Ex-Politikers. Warum musste dieser sterben?
Bei ihren Ermittlungen dazu stoßen Kluftinger und seine Kollegen unter anderem auch auf Aktivisten und lernen eine zwielichtige Spelunke kennen, in der sie auf besondere Gäste stoßen. Ist das der Schlüssel zur Lösung des Falles? Seine Kollegen Hefele, Meier und er müssen zunächst die Todesursache aufklären und damit dann hoffentlich den Täter finden.
Die Autoren, Volker Klüpfel und Michael Kobr, kennen sich schon seit ihrer gemeinsamen Schulzeit im Allgäu- Gymnasium in Kempten. Klüpfel wurde nach dem Studium Journalist und Kobr Realschullehrer. Inzwischen sind sie beide längst Vollzeitautoren und vor allem durch die Krimis mit Kommissar Kluftinger bekannt. 2005 erhielten sie für „Erntedank“ den „Bayrischen Kunstförderpreis“ in der Sparte Literatur und 2008 den Weltbild-Leserpreis „Corine“ für „Laienspiel“. Doch die beiden haben auch ohne den grantigen Allgäuer reüssiert, etwa mit den Urlaubsroman „In der ersten Reihe sieht man Meer“, mit dem Thriller „Draußen“ und der Gaunerkomödie um „Die Unverbesserlichen“, der in Südfrankreich spielt.
Jetzt ist er endlich da, „Lückenbüßer“ ist der 13. Band des Kriminalromans um den Allgäuer Kommissar Kluftinger. Habe schon sehnlichst darauf gewartet, wieder von einem neuen Ereignis mit Klufti zu lesen. Dieses Mal teilt sich der Kriminalroman eigentlich in zwei Hälften, zum Einen in die Ermittlungen zum Tod eines Kollegen und zum Anderen vornehmlich in den Wahlkampf um die Gemeinderatswahl, wobei dieser Teil die Ermittlungen zuweilen sehr in den Hintergrund drängt. Dabei tauchen viele aktuelle Themen und derzeitige Probleme in der heutigen Gesellschaft auf, wie Künstliche Intelligenz, Shitstorms auf Social Media oder Corona-Leugnung und Rechtsextremismus, aber auch Bedrohung von Politikern und das Thema Nachhaltigkeit. Trotz dieser vielfach heiklen Themen verstehen es die Autoren, mit viel Lokalkolorit eine unterhaltsame, zuweilen sicherlich auch nachdenklich stimmende Story daraus zu machen, und so wieder letztendlich ein angenehmes humorvolles Lesevergnügen zu generieren.
Ein besonderer Höhepunkt dieser Geschichte ist das politische Aufeinandertreffen mit Intimfeind Dr. Langhammer, den er bekanntlich ja gar nicht ausstehen kann, was natürlich zu amüsanten Begegnungen führt. Wie auch alle vorherigen Bände überzeugt das Buch und zeigt Kluftinger wie er leibt und lebt. Insgesamt hätte ich mir aber vielleicht doch eine größere Rolle der Familie mit Erika und Markus, seinem Sohn und seiner Familie gewünscht, die in meinen Augen dieses Mal etwas zu kurz kamen und dadurch ein bisschen das Salz in der Suppe gefehlt hat. Aber das ist Klagen auf hohem Niveau. Dessen ungeachtet ist der Roman nach wie vor eine herrliche Herbstlektüre, wenn auch meiner Meinung nach vielleicht mit einigen kleinen Schwächen.
Für Klufti-Fans ist das Buch ohne wenn und aber eh Pflichtlektüre, was denn sonst, aber auch für alle Liebhaber von Regionalkrimis bietet „Lückenbüßer“ wiederum kurzweilige Unterhaltung und verdient daher eine uneingeschränkte Leseempfehlung!
432 Seiten, Ullstein Hardcover Verlag, 24,99 Euro