Steven Soderbergh hat schon allerlei Filme gedreht, und das mit vollem Einsatz. Die Kritiker sind meist voll des Lobes, doch der Erfolg an der Kinokasse fällt mitunter mager aus. Bereits 1989 erhielt er für seinen Film "Sex, Lügen und Video" die Goldene Palme bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes, womit er der jüngste Filmemacher war, dem dieser Preis zuteil wurde. Mit "Erin Brokovich" schaffte er einen Achtungserfolg an den Kinokassen, bis er mit der "Oceans"-Reihe endgültig große kommerzielle Erfolge feierte. Trotz verdienter Millionen bleibt er den Independent-Filmen treu, da ihm ein Thema wichtiger ist als die Einspielergebnisse.
Die Geschichte des Ausnahme-Klavierspielers und großen US-Entertainers Liberace, der schneller und virtuoser auf dem Klavier spielte als jeder andere, wollte er schon lange verfilmen, am liebsten mit Michael Douglas in der Hauptrolle, doch konnte er die großen Filmstudios nicht von der Story überzeugen, die allesamt das Skript als nicht erfolgversprechend ablehnten. Dank HBO Films, einer Sparte des erfolgsverwöhnten amerikanischen Pay-TV-Kanals, drehte er ausnahmsweise nicht für die große Leinwand sondern gleich fürs Fernsehen.
"Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll" erzählt die Geschichte der Beziehung des großen Entertainers mit seinem Partner Scott Thorson, die sich nach einem Konzert in Las Vegas kennenlernten. So werden lediglich die Jahre 1977 bis 1981 beleuchtet. Liberace, der bürgerlich Władziu Valentino Liberace heißt, ist zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Er ist einer der ersten Stars im amerikanischen Fernsehen, hat seine eigene Fernseh-Show, tritt regelmäßig in Las Vegas auf und ist bekannt für seinen extravaganten Lebensstil - er besaß 13 Villen - und seine außergewöhnlichen Kostüme. Immer wieder wurde vermutet, dass er homosexuell sei, doch gegen jedes Gerücht ist er gerichtlich vorgegangen. Seine Vorliebe für junge Männer war dennoch legendär. Der junge Scott ist fasziniert vom großen Liberace, von all dem Glitter und dessen Reichtum. Schon bald zieht er zu ihm und arbeitet offiziell als dessen Assistent und Fahrer, um die Homosexualität weiter zu verbergen. Liberace beauftragt einen Gesichtschirurgen, seine eigenen Gesichtszüge auf Scott zu übertragen, selbst lässt sich der Meister gleich mit liften. Beide nehmen fortan starke Schmerzmittel, was bei Scott jedoch zur Drogensucht führt. Die beiden führen eine versteckte eheähnliche Gemeinschaft, und beide genießen das Leben im Scheinwerferlicht, bis es nicht mehr geht.
Die DVD von "Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll" liegt in der deutschen und der englischen Sprachfassung vor, an zahlreichen Extras bietet die Silberscheibe unter anderem ein von Michael Douglas präsentiertes Making Of, "King Of Bling - Liberace in Zahlen" mit Aufnahmen des echten Liberace, die Deutschlandpremiere in Berlin sowie ein 20seitiges Booklet.
Der Film hatte bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 2013 seine Uraufführung, womit sich wieder der Soderbergh'sche Kreis schließt, der als Regisseur und Kameramann vollkommen unaufgeregt eine herrlich kitschige Liebesgeschichte erzählt, und dem schnellsten Pianisten und einem der größten Entertainer seiner Zeit mit diesem Film ein Denkmal setzt.
Michael Douglas spielt frisch wie nie die Rolle des Liberace wundervoll überzogen, überaus tuntig und so herrlich durchgedreht, dass es ein Fest ist, ihn nur in seinem Spiel zu beobachten. Matt Damon als junger Scott ist in seiner Rolle ebenso auf dem schauspielerischen Höhepunkt, dass man sich fragt, wieso die beiden Hollywood-Größen und Oscar-Preisträger bisher nicht miteinander vor der Kamera standen.
Da es sich bei "Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll" um einen Fernsehfilm handelt, konnte er nicht bei der Oscar-Verleihung berücksichtigt werden. Verdient hätte der Film und vor allem die beiden Hauptdarsteller den Oscar ganz bestimmt. Dagegen räumte der Fernsehfilm bei der Verleihung der Golden Globes und der Emmys ab, und auch in Cannes gab es viel Kritiker-Lob für den Streifen.
Zum Glück gibt es einen mutigen deutschen Verleih, der sich getraut hat, "Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll" erst ins Kino zu bringen und danach auf DVD zu veröffentlichen, sonst wäre uns dieses Kleinod wohl verborgen geblieben.
Ein herrlicher Film gegen trübe Stimmung und mit herausragenden Schauspielern besetzt, überdreht und farbenfroh, dass man ihn einfach sehen muss!
USA 2013, 114 Minuten
mit Michael Douglas, Matt Damon, Dan Aykroyd, Rob Lowe, Debbie Reynolds