Nachdem die beiden Hauptdarsteller aus der BBC-Serie "Sherlock", Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, bestens zu tun haben, unter anderem waren beide mit der "Hobbit"-Trilogie beschäftigt, blieb nicht viel Zeit, um eine Fortsetzung der überaus erfolgreichen Detektiv-Serie zu drehen. Immerhin hat es für ein "Sherlock"-Special gereicht, das sogenannte "Victorian-Special", dessen Ausstrahlung am Neujahrstag 2016 über zwölf Millionen Zuschauer in Großbritannien verfolgten. Bis zu Ostern hat es gedauert, bis auch die deutschen Fernsehzuschauer dieses Special sehen durften, nun liegt es auf DVD und BluRay vor.
London im Jahre 1895. Sherlock Holmes hat in dem Kriegsrückkehrer und Militärarzt Dr. John Watson einen Mitbewohner für das Anwesen in 221B Baker Street gefunden. Zusammen mit ihm löst er ungeklärte Kriminalfälle, zumeist deutlich schneller und umfangreicher als Scotland Yard, dessen Inspector Lestrade deswegen allerhand Häme über sich ergehen lassen muss. Darüber schreibt Watson mit Leidenschaft für eine Zeitschrift, und zur Wiedererkennung der Helden muss er sich einen Schnauzbart stehen lassen und Holmes muss statt mit einem Zylinder mit einer irren Kappe auf die Straße gehen.
Doch dieses Mal ist es anders. Lestrade braucht die Hilfe der Fälle lösenden Wohngemeinschaft, nachdem scheinbar eine tote Frau im Brautkleid Männer tötet. Auf einem Balkon erschießt sie sich, um Stunden später auch ihren Ehemann zu erschießen. Gleichzeitig bekommt der wohlhabende Sir Eustace Carmichael eine Morddrohung in Form von Orangenkernen, eine Drohung, wie man sie bislang nur in den noch jungen USA kennt.
Der Fall scheint sehr verzwickt und hat auch politische Brisanz, wobei unter anderem Suffragetten, mit denen Watsons Frau Mary durchaus sympatisiert, und eine Exhumierung eine große Rolle spielen. Sherlock Holmes und Dr. Watson scheinen bei der Aufklärung des Falles erstmals an ihre Grenzen zu stoßen.
Doch dann gibt es eine große, ungeahnte Wendung in der Handlung, die nur schwer mit dem bis dahin Geschehenen zusammen passen mag.
Das Serien-Special liegt auf DVD in der deutschen und der englischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. An Extras findet sich auf einer zweiten DVD jede Menge Material, ganze 86 Minuten lang, darunter die Specials "Mark Gatiss: A Study in Sherlock", "Mark Gatiss: Production Diary", "Writers Interview", "Creating The Look: 8 inside looks at how this unique Special was created" und "The creators of Sherlock answer questions from Sherlock's #1 fan site".
"Sherlock - Die Braut des Schreckens" hält einmal mehr, was die zu recht international hoch gelobte und mehrfach ausgezeichnete BBC-Serie verspricht. Das Buch von Showrunner Steven Moffat, der auch für die längste Science-Fiction-Serie der Welt, "Doctor Who", verantwortlich zeichnet, ist wieder sehr außergewöhnlich, voller ungeahnter Wendungen, geschliffenen und mitunter sehr witzigen Dialogen voller Anspielungen und einer wahnsinnigen Geschichte. Natürlich ist die Story wieder gespickt mit unzähligen Anspielungen quer durch das Sherlock-Universum, die aus der Welt stammen, die der britische Autor Sir Arthur Conan Doyle erschaffen hat.
Die Special Effects in "Sherlock - Die Braut des Grauens" sind gewohnt bahnbrechend, und den Schauspielern, allen voran Benedict Cumberbatch und Martin Freeman, merkt man richtig an, wie sehr sie sich in ihrer ungewohnten viktorianischen Umgebung wohlfühlen. Doch auch Una Stubbs als die dauerquengelnde Mrs. Hudson, Amanda Abbington als Mary Watson oder Rupert Graves in seiner Rolle als Inspector Lestrade genießen sichtbar das Spiel im ausgehenden 19. Jahrhundert. Auch Andrew Scott, den man zuletzt als Schurken in "James Bond 007 - SPECTRE" gesehen hat, taucht wieder als Holmes' Erzfeind Professor Moriatry auf.
Dennoch gibt es einen kleinen Wermutstropfen in diesem Special zu benennen, und das ist die hohe Komplexität der Handlung. "Sherlock - Die Braut des Grauens" ist kein einfacher Serien-Stoff, den man nebenbei konsumiert, sondern einer, über den man noch eine Weile nachdenkt, um ihn nachvollziehen zu können. Schuld daran hat unter anderem die unerwartete Wendung nach 60 Minuten Handlung, die unter den britischen Fans nicht nur Lob hervorgerufen hat. Doch genau das macht ja diese unglaublich erfolgreiche Serie aus, aus deren Folgen man mitunter mit mehr Fragen hinaus kommt als man hinein gegangen ist. Der teils recht anstrengende Plot lädt dazu ein, ihn ein zweites oder gar ein drittes Mal anzusehen, um ihn gänzlich verstehen zu können, und genau das ist ja das Schöne an einer Serie auf DVD oder BluRay, man kann sich die Folge immer wieder ansehen.
Bei den Specials bleiben bei keinem Fans Wünsche offen, denn 86 Minuten Material auf einer zweiten DVD ist genau das, was man von dieser außergewöhnlichen Serie erwartet, wenn auch das Bonus-Material lediglich in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln vorliegt. Die Extras lohnen sich mindestens ebenso wie das Special selbst.
Was eine weitere Fortsetzung von "Sherlock" mit mehr als nur einem Special angeht, so müssen sich die Fans noch eine ganze Weile gedulden, denn im Frühjahr diesen Jahres beginnen erst die Dreharbeiten zur viertel Staffel. Deren drei neue Folgen werden dann - hoffentlich - zum Beginn des Jahres 2017 im Programm der BBC ausgestrahlt und möglichst zügig danach ins deutsche Fernsehen Einzug halten. Denn eines ist sicher: "Sherlock - Die Braut des Grauens" wirft Fragen auf, deren Beantwortung die "Sherlock"-Fans dringend erwarten!
GB 2016, 90 Minuten
mit Benedict Cumberbatch, Martin Freeman